Involution (Mathematik)
Involution bedeutet in der Mathematik eine selbstinverse Abbildung. Die Bezeichnung leitet sich von dem lateinischen Wort involvere „einwickeln“ ab.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Abbildung mit übereinstimmender Definitions- und Zielmenge heißt genau dann eine Involution, wenn für alle gilt: .
Diese Forderung lässt sich auch kompakter formulieren als oder . Dabei bezeichnet die Identität auf .
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jede Involution ist eine Bijektion und es gilt .
- Wenn und Involutionen sind, dann ist ihre Komposition genau dann selbst eine Involution, wenn gilt.
- Ist eine Involution und eine Bijektion, dann ist die Komposition ebenfalls eine Involution. Mit dieser Eigenschaft können neue Involutionen erzeugt werden.
- Ist eine Bijektion der endlichen Menge (also ein Element der symmetrischen Gruppe ), dann ist genau dann involutorisch, wenn es sich als Produkt aus lauter disjunkten Vertauschungen schreiben lässt. Man spricht in diesem Fall von einer selbstinversen Permutation.
- Der Graph einer Involution in den Reellen Zahlen ist symmetrisch zur Winkelhalbierenden, die selbst der Graph der trivialen Involution ist. Daraus folgt, dass eine Verschiebung einer Involution entlang der Winkelhalbierenden ebenfalls eine Involution ergibt. Die Involution ist also invariant unter der Abbildung mit , dies ist ein Spezialfall der Komposition einer Bijektion mit der Involution und ihrer Inversen.
Involutionen auf Vektorräumen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sei ein endlichdimensionaler Vektorraum über dem Körper .
- Eine (lineare) Selbstabbildung ist genau dann involutorisch, wenn das Minimalpolynom von die Form , oder hat. Das bedeutet insbesondere:
- Ist die Charakteristik des Grundkörpers von 2 verschieden, so ist jeder involutorische Endomorphismus diagonalisierbar und alle seine Eigenwerte liegen in .
- Jede Involution ist eine Darstellung der Gruppe Z/2Z in der allgemeinen linearen Gruppe GL(V).
- Über Körpern mit der Charakteristik 2 gibt es nicht diagonalisierbare involutorische Endomorphismen. So ist im zweidimensionalen Vektorraum durch die Matrix eine Involution gegeben, die nicht diagonalisierbar ist.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Negatives und Kehrwert
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Abbildungen
und
sind Involutionen, denn es gilt
- für alle
und
- für alle .
Ist allgemein eine abelsche Gruppe, so ist die Abbildung (bei additiver Schreibweise) bzw. (bei multiplikativer Schreibweise) ein Gruppenautomorphismus und eine Involution. Für eine nichtabelsche Gruppe ist diese Abbildung zwar auch eine Involution, aber kein Gruppenhomomorphismus (gleichwohl ein Gruppen-Antihomomorphismus).
Logik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Negation in der klassischen Logik ist ebenfalls eine Involution, denn es gilt:
Die komplexe Konjugation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beim Rechnen mit komplexen Zahlen ist das Bilden der konjugiert-komplexen Zahl eine Involution: Für eine komplexe Zahl mit ist die konjugiert-komplexe Zahl
Nochmalige Ausführung der Konjugation liefert .
Die Quaternionen-Konjugation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zur Quaternion
mit wird die konjugierte Quaternion durch
gebildet. Wegen der Umkehrung der Reihenfolge (wichtig bei nicht-kommutativen Ringen!) der Faktoren bei der Multiplikation
wird diese Konjugation als Antiautomorphismus bezeichnet.
Nochmalige Ausführung der Konjugation liefert
Sie ist also eine Involution.
Beide Eigenschaften zusammen ergeben einen involutiven Antiautomorphismus.
Das Transponieren von Matrizen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Menge der quadratischen Matrizen über einem Ring ist das Transponieren
- ,
eine Involution. Da ein Ring ist, sogar ein involutiver Antiautomorphismus.
Aus dieser Eigenschaft folgt zusammen mit der Selbstinversität der komplexen Konjugation, dass das Adjungieren einer Matrix eine Involution ist.
Rechnen in F2
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der additiven Gruppe des Restklassenkörpers ist die Abbildung eine Involution:
Geometrie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Geometrie sind Punkt- und Geradenspiegelungen Involutionen.
Involutorische Chiffren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Involutorische Chiffren weisen die Eigenart auf, dass der Algorithmus zum Verschlüsseln und zum Entschlüsseln identisch ist. Sie sind damit besonders bequem zu handhaben. Ein einfaches Beispiel aus der Kryptologie ist die Verschiebechiffre ROT13, bei der zur Verschlüsselung jeder Buchstabe durch den um 13 Stellen im Alphabet verschobenen Buchstaben ersetzt wird. Die zweimalige Anwendung dieser Methode ergibt eine Verschiebung um 26 Buchstaben und damit wieder den ursprünglichen Klartext. In der Geschichte gab es aber auch wesentlich komplexere involutorische Verschlüsselungsverfahren. Das wohl bekannteste Beispiel ist die deutsche Verschlüsselungsmaschine ENIGMA, die im Zweiten Weltkrieg im Nachrichtenverkehr des deutschen Militärs verwendet wurde.
Die logische Funktion Exklusives Oder ist ebenfalls selbstinvers und wird daher unter anderem in Verschlüsselungsalgorithmen wie One Time Pad eingesetzt.
Körperinvolution
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Unter einer Körperinvolution versteht man üblicherweise eine Involution, die zugleich ein Körperautomorphismus ist.
Von einer Körperinvolution über einem Körper fordert man also
sowie für alle
und
Die bekannteste nichttriviale Körperinvolution ist die Konjugation über den komplexen Zahlen. Aus diesem Grund benutzt man für eine Körperinvolution oft die gleiche Schreibweise wie für die komplexe Konjugation: Anstelle von wird häufig geschrieben.
Ein anderes Beispiel ist der Automorphismus des Körpers
der durch
definiert ist. Man beachte, dass er im Unterschied zur komplexen Konjugation den Betrag nicht erhält:
- aber
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Involution. In: Michiel Hazewinkel (Hrsg.): Encyclopedia of Mathematics. Springer-Verlag und EMS Press, Berlin 2002, ISBN 1-55608-010-7 (englisch, encyclopediaofmath.org).